Diese Welt ist kein schöner Ort mehr
800.000 Flüchtlinge kommen in diesem Jahr nach Deutschland. Das ist ein Zuwachs von 1% der Bevölkerung. Menschen, die bis gestern teilweise noch im Mittelalter gelebt haben und die jetzt vor Krieg, Mord und Folter fliehen.
Es ist gar nicht so lange her, dass unser Mittelalter endete, etwa um 1500. Es wurden Menschen gefoltert, gepfählt, aufs Rad geflochten oder verbrannt. Frauen warf man ins Wasser. Wenn sie ertranken waren sie unschuldig, wenn nicht, waren sie Hexen.
Und die christliche Kirche war immer an vorderster Front dabei. Die Menschen waren abergläubisch und hatten Angst vor Fegefeuer und Hölle. Ab dem 15. Jahrhundert begann die Zeit der Kolonialisierungen, zuerst in Übersee dann in Afrika. Sklavenhandel und Ausbeutung der Bodenschätze waren die Folge. Das endete erst Mitte des 20. Jahrhunderts. Nicht, dass wir diese Länder nicht mehr ausbeuten, jetzt verkaufen wir ihnen eben unseren hochgiftigen Müll.
In Europa und Nordamerika veränderte sich das Leben durch das Zeitalter der Aufklärung um 1700, die Französische Revolution von 1789 und die Amerikanische Revolution von 1776. Nur gefoltert und gemordet wird immer noch. Und ein Kriterium ist geblieben: Das Volk soll dumm gehalten werden. Zwar können heute fast alle lesen und schreiben, die Manipulationen sind subtiler geworden.
All das hat in der arabischen Welt in dieser Form nicht stattgefunden. Dort haben die Religionsführer mehr denn je das Sagen. Nach unserer Meinung mit antiquierten Vorstellungen vom Menschen und dem Leben.
Wäre der Islamische Staat (IS) auch entstanden, wenn die westliche Welt diese Länder nicht mit Kriegen überzogen hätte? Unsere Politiker haben die Menschen dieser Länder in das Elend gestürzt.
Die Menschen fliehen aus diesen Ländern, nehmen unglaubliche Strapazen auf sich und wissen, dass ihre Flucht lebensgefährlich ist. Niemand gibt seine Heimat freiwillig auf. Es sind vielfach Menschen, von denen bekannt ist, dass sie sehr gastfreundlich sind. Nach ihrer wochenlangen Flucht kommen sie in Deutschland an, in einem reichen Land. Und hier empfängt sie der Pöbel. Aber warum? Seit Pegida scheint klar zu sein, dass es in Deutschland eine ganze Menge Unzufriedener gibt. Viele haben sich den einfach gestrickten rechten Parolen angeschlossen, ohne selbst wirklich zur rechten Szene zu gehören. Wird hier nicht einfach nach Mitteln gesucht, seinen Unmut öffentlich zu machen? Und auch vor den Flüchtlingsheimen wird die Gelegenheit genutzt, den Staat vorzuführen, seine Hilflosigkeit aufzuzeigen.
Und dann tauchen dort die wichtigen Politiker auf, sind entsetzt, halten Reden und verschwinden wieder in ihre abgeschottete Welt. Irgendwann sind schließlich auch mal wieder Wahlen, da macht es sich einfach gut. Sigmar Gabriel rechnet sich Chancen aus, mit diesem Thema bei der Bevölkerung zu punkten, sich endlich mal von der übermächtigen Kanzlerin abzugrenzen. Aber auch Sonntagsreden haben ein Verfallsdatum.
Die Politik sieht hilflos zu und sitzt es erst einmal aus. Die Damen und Herren Politiker sind ja auch nicht persönlich betroffen. Sie leben in ihrer eigenen Welt, abgeschirmt vom wirklichen Leben. Für unseren Innenminister war es schon eine Leistung, dass er bei der Kundgebung zu den Anschlägen in Paris neben Leuten gestanden hat, die „im Protokoll weit unter ihm stehen“.
Die Probleme mit den Flüchtlingen müssen von der Politik gelöst werden. Die vielen ehrenamtlich Engagierten werden sie nicht lösen können, genauso wenig wie die Polizei, die das schon aus personellen Gründen nicht schaffen kann. 246.000 Polizisten gibt es auf Landes- und Bundesebene und die arbeiten längst am Limit. Und Geld gibt es auch kaum dafür, das wird alles gebraucht, um die Banken zu sanieren. Damit diese dann in aller Ruhe weiterzocken können. So wie auch die „Griechenlandhilfen“ nicht bei den Bürgern ankommen, sondern direkt an die Banken überwiesen werden. Hier werden neue Konfliktherde entstehen.
Die Welt ist in einem erbärmlichen Zustand.
Wolfgang Claussen